Friedrichsdorf
Hugenottensiedlung und Stadt des Telefons
Friedrichsdorf ist eine junge Stadt und blickt auf eine – für europäische Verhältnisse – kurze Geschichte zurück. 1687 wurde die Stadt von französischen Glaubensflüchtlingen, den Hugenotten, gegründet. Sie kamen auf Einladung des Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Homburg, der den Hugenotten mit zahlreichen Privilegien wie die Beibehaltung ihrer Sprache und Religion sowie Steuerfreiheit auf zehn Jahre ihren Start fernab der Heimat erleichterte.
Strumpfwirker, Lein- und Flanellweber machten die neue Siedlung schnell zu einem gewerblichen Zentrum in der überwiegend landwirtschaftlich geprägten Region. Der wirtschaftliche Aufschwung wurde 1771 mit der Verleihung der Stadtrechte belohnt. 1821 erhielt die "colonie française" ein Stadtwappen: neun weiße Rosen auf blauem Grund.
Im 19. Jahrhundert ersetzten zahlreiche, mittelständische Industriebetriebe, die vor allem Hüte, Leder- und Teigwaren produzierten, die Flanellweberei. Schließlich wurde Friedrichsdorf als „Stadt des Zwiebacks“ weltbekannt. Um 1900 existierten rund 15 Zwieback-Bäckereien gleichzeitig und exportierten die süße Ware in ansprechend gestalteten Blechdosen in die ganze Welt. Aus einer der vielen Zwiebackdynastien ging einer der größten Produzenten für Kindernahrung hervor: die Firma Milupa.
Die erste Vergrößerung der Stadt brachte 1916 die Eingemeindung des 1804 von Vogelsberger Bauern gegründeten Dorfes Dillingen mit sich. Seit der Gebietsreform von 1972 ist Friedrichsdorf auf vier Stadtteile mit insgesamt rund 25.000 Einwohnern angewachsen.
Philipp Reis – Friedrichsdorf berühmteste Persönlichkeit
Philipp Reis erfand hier das erste brauchbare Telefon und stellte es 1861 der Öffentlichkeit vor. In seinem ehemaligen Wohnhaus in der Hugenottenstraße ist heute die Philipp-Reis-Sammlung als Dependance des Museums für Kommunikation in Frankfurt untergebracht. Exponate persönlicher Gegenstände des Telefonerfinders vermitteln einen intensiven Eindruck seiner Person und seines Wirkens.
Philipp Reis wirkte als Lehrer am „Institut Garnier", einem seinerzeit weit über die Grenzen Friedrichsdorfs hinaus bekannten Knabeninternat. Die in Hessen einmalige Doppelhofanlage des „Institut Garnier“ entstand in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und steht heute unter Denkmalschutz.
Friedrichsdorfs Stadtbild – Bauliches Erbe der Hugenotten
In Friedrichsdorf geht das bauliche Erbe der Hugenotten – pittoreske Hofreiten mit malerischen Innenhöfen – eine gelungene Verbindung mit dem modernen Gesicht einer aufstrebenden Stadt ein. Markante Gebäude wie die 1872 erbaute "Belvedere" Villa Schenk oder die Jugendstilvillen der Zwieback- und Nudelfabrikanten finden sich über die ganze Stadt verteilt. Einen reizvollen Kontrast dazu bilden die kleinen Färbhäuschen, die im Zuge des Textilgewerbes entlang der Hugenottenstraße entstanden sind und heute vielfältigsten Nutzungen dienen.
Das Bild der Hugenottenstraße beherrscht jedoch die von 1834 bis 1837 nach Plänen des Frankfurter Architekten Rudolf Burnitz erbaute Kirche. Dieser Bau ersetzte den kleineren „temple“, wie die französisch-reformierten Kirchen genannt wurden. Eine Kirche ganz anderer Art hielt 1987 in Friedrichsdorf Einzug, als die Mormonen (Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage) auf dem Areal der ehemaligen Nudelfabrik Haller ihren Tempel errichteten. Das Gebäude besticht durch eine strenge, moderne Architektur.
Ein geführter Stadtspaziergang hilft beim ersten Kennenlernen der Stadt.
Informationen über Stadtführungen & Stadtspatziergänge finden sie hier