Louis Frédéric Garnier
Eine internationale Adresse – die Lehr- und Erziehungsanstalt von Louis Frédéric Garnier
Vor über 200 Jahren, am 18. Juli 1809 wurde Louis Frédéric Garnier, Gründer der Friedrichsdorfer Lehr- und Erziehungsanstalt Garnier, geboren. Als Leiter des renommierten Knabeninstituts machte er Friedrichsdorf weltweit bekannt. Und auch der berühmteste Bürger der Stadt Friedrichsdorf, Philipp Reis, ging bei ihm zur Schule und lehrte an seinem Institut.
Louis Frédéric Garnier wurde 1809 als Sohn des Wollfabrikanten Jean Jérémie Garnier geboren. Eigentlich sollte er den väterlichen Beruf ergreifen. Da er aber unter Asthma litt, griff der Staub in der Wollfabrik seine Gesundheit zu sehr an. Stattdessen riet ihm ein Onkel, Kinder bei sich aufzunehmen und in französischer Sprache zu unterrichten. So wurde in ihm der Gedanke geboren, Lehrer zu werden und eine eigene Schule zu eröffnen. Nach dem Besuch des Lehrerseminars in Friedberg studierte er in Darmstadt und Paris, um dann, nach seiner Heirat mit Elise Garnier, 1836 die Lehr- und Erziehungsanstalt Garnier zu gründen.
Der Unterricht war speziell auf die Bedürfnisse von Kaufmannsfamilien abgestimmt, wenn man mit Englisch und Französisch moderne Sprachen oder entsprechende mathematische Kenntnisse und sogar Doppelte Buchführung lehrte. Das hohe Schulgeld von 500 Gulden pro Semester konnten meist nur wohlhabende Familien aufbringen – diese Summe entsprach schließlich damals dem Jahresgehalt eines Volksschullehrers.
Zwei Drittel der Schüler waren im Internat untergebracht, während der Rest dem Institut als Externe angehörte. Aus England, Frankreich, Amerika, sogar aus Russland und China kamen die Schüler. Der Waisenjunge Philipp Reis besuchte vier Jahre lang das Internat und entdeckte seine Neigung zu modernen Sprachen wie Französisch und Englisch.
Im Laufe der Jahre wurde das Institut immer weiter vergrößert: Zu dem ursprünglich gekauften Haus in der Hugenottenstraße 107 kamen weitere Gebäude hinzu, so dass die Schule schließlich einen ganzen Gebäudekomplex umfasste mit einem großen mittleren Schulbau, zwei Nachbarhäusern und einem Ökonomiegebäude. Letzteres wurde 1878 als Teil des institutseigenem landwirtschaftlichen Betriebes errichtet.
Bereits 1861 übergab Louis Frédéric Garnier die Leitung des Institutes an seinen Schwiegersohn Dr. Karl Wilhelm Schenk. Dieser war seit 1851 am Institut als Lehrer angestellt und hatte 1854 Garniers Tochter Charlotte Armine geheiratet.
Nachdem Schenk 1880 verstorben war, verwaiste die Leitungsstelle zunächst. Zwar hatte Schenk bereits vor seinem Tod auch seine Hälfte des Instituts an Léon Garnier verkauft, so dass der Gebäudekomplex im Familienbesitz blieb, aber er selbst erhielt ohne pädagogische Ausbildung keine Konzession für die Führung eines Schulbetriebes. Schließlich musste Léon Garnier das Institut Garnier an Dr. Ludwig Proescholdt verkaufen, der, durch raschen Tod, das Institut an seinen Schwiegersohn Dr. Marmier vermachte.
Mit dem Ersten Weltkrieg und auch mit den Jahren der wirtschaftlichen Rezession verschlechterte sich für die Schule die Situation immer weiter: Begünstigt durch den Wegfall des "Einjährigen" und den damit verbundenen sinkenden Schülerzahlen wurde das Institut 1925 nach zähen Verhandlungen in eine städtische Mittelschule umgewandelt, deren Nachfolger die heutige Philipp-Reis-Schule ist.
Louis Frédéric Garnier, der sich selbst gerne "le fundateur" (der Gründer) nennen ließ, war bereits im Alter von 72 Jahren, am 14. Januar 1882, verstorben. Bei seinen Schülern hinterließ er die Erinnerung an einen gerechten Lehrer, Förderer und Freund. So widmeten ihm seine ehemaligen Zöglinge ein Denkmal mit einer Portraitbüste, die noch heute am Eingang zur jetzigen Stadtbücherei erhalten ist. Mit seinem Tod hatte er ein renommiertes Institut hinterlassen, welches Friedrichsdorf weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht hatte.